Burg Perchtoldsdorf

ARCHITEKTUR

Die Idee eines Burgausbaues nahm im Herbst 2006 mit dem Ergebnis des von der Gemeinde ausgeschriebenen Ideenwettbewerbes erstmals Gestalt an. Im Aufzeigen einer zeitgemäßen Adaptierungslösung sowie behutsamer Erweiterungsvarianten setzte das Badener Architektenduo Michael Treiber und Gregor Reisenberger auf feinfühligen Umgang mit der komplexen Bauthematik und gewann damit den von Univ.-Prof. DI Hans Puchhammer präsidierten Wettbewerb. Treiber und Reisenberger haben die Erschließung der Burg neu organisiert, einen Zubau mit einem neuen Veranstaltungssaal im Untergeschoß samt flächenmäßig angepassten Foyers und Nebenräumen entwickelt und dabei das äußere Erscheinungsbild des historischen Bauwerks weitestgehend unverändert belassen. Die Architektur des Erweiterungsbaues wurde „aus dem Ort heraus entwickelt“.

Bei der Umsetzung der überzeugenden Projektidee kam der Wiener Architekt Gerhard Moßburger als Ausführungsplaner zum Einsatz, Architekt Hannes Toifel (Perchtoldsdorf) setzte seine profunden Kenntnisse über das „Bauen im Bestand“ bei Projektsteuerung und Planungskoordination ein.

Bindeglied zwischen Alt und Neu ist das weitläufige Vestibül mit seinem 5m breiten Glasdach, das sich zwischen Westfassade und Parkplatz spannt und den Blick auf den langgestreckten Palastrakt frei gibt. Es erschließt, vielseitig nutzbar, das gesamte „Innenleben“ der Burg.

Über zwei gegenläufige Treppen gelangt man in den eine Etage tiefer liegenden, rund 400 Personen fassenden, Neuen Burgsaal. Seine Optik wird von farblich dezenten Akustikkassettenwänden und Eichenparkett geprägt, die Thonet-Bestuhlung in elegantem Grau durch 80 in edlem Neobarock-Design tapezierte Sessel akzentuiert. Die Akustik wurde von Müller-BBM (München) geplant und begeistert Spitzeninterpreten klassischer und zeitgenössischer Musik ebenso wie Toningenieure.

Der Saal ist bereichsweise mit Hubpodesten ausgestattet, um variable Nutzungen zu ermöglichen: Alle Zuschauerränge des bis zu 7m hohen Konzertsaales lassen sich hydraulisch auf Bühnenniveau anheben, und so kann sich der Raum binnen kurzer Zeit in einen 5m hohen Ballsaal, eine Messe- oder Ausstellungshalle von rd. 460 m² Fläche verwandeln. Der doppelgeschoßige Saal hat eine Galerie mit Regiekabine und Behindertensitzplätzen. Über Glasflächen (abdunkelbar) ist er optisch mit der Foyerzone verbunden.

Lässt man vom Haupteingang kommend die Treppe zum neuen Saal links liegen, hat man, die „Vestibül-Brücke“ passierend, einen neuen Zugang zur stilvollen mittelalterlichen Rüstkammer mit den drei mächtigen Mittelsäulen.

An der dem Haupteingang gegenüberliegenden Seite weitet sich das Vestibül zu einer Bar- und Pausenzone, die zu dem neu entstandenen kleinen Burghof im Norden hin orientiert ist – einem idyllischen Innenhof, der die bisher „vergessene“ Nordseite mit dem kaum beachteten, jetzt detailgetreu restaurierten Fassadenturm und einer nur noch selten anzutreffenden gotischen Fenstergruppe ins Blickfeld rückt.

Auch der altehrwürdige Festsaal im Obergeschoß des Altbestandes, der baulich unverändert blieb, wurde generalüberholt. Ein neu geschaffenes, großzügiges Foyer mit auskragender Glaswand an der Ostseite bietet eine direkte Sichtverbindung zu der mächtigen gotischen Pfarrkirche und zum Wehrturm, der Blick auf Wien rundet das Bild ab.

Im spannungsvollen Kontrast zwischen Historie und Gegenwart ist 2008-2010 dicht an der Lebensader Perchtoldsdorfs ein durch den repräsentativen Vorplatz und ein markantes Portal definierter Erweiterungsbau entstanden, schlicht und dennoch stadtbildprägend, zurückhaltend und elegant, ruhig, sachlich und solide ausgeführt. Das neue, in die ostseitige Festungsmauer gesetzte breite Hauptportal rückt die Burg noch näher an den Hauptplatz heran.